Jan Schreiner Large Ensemble – Songs and Moods

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Beschreibung

Jan Schreiner Large Ensemble Songs And Moods
Das Kleine im Großen entdecken und dabei immer das Große im Auge behalten, ohne sich im Kleinen zu verlieren – das ist eine Kunst, die nicht Viele beherrschen. Umso weniger, wenn sich beim Hören das Kleine absolut im Großen auflöst und umgekehrt. Wenn die Form als Form in den Hintergrund tritt und die Wahrnehmung ihre eigenen Spielregeln aufstellt, wird Musik zu Natur und integriert sich als Utopie in die Wirklichkeit. Der in Köln lebende Bassposaunist und Tubaspieler Jan Schreiner changiert mit variablen Klängen und Formen wie mit Farben, die ineinander verlaufen und in der Reflexion trotzdem immer den ursprünglichen Gestaltungswillen verraten. „Songs And Moods“ ist der Titel des zweiten Albums seines Large Ensembles und zugleich eine exakte Beschreibung dessen, was man von dieser Einspielung erwarten kann.
Die beiden ersten Songs geben den Bogen vor, der sich über die sieben Tracks dieser Suite spannt. „Roomba Song“ ist eine ernste bis düster melancholische, sich langsam aufbauende Pastorale, die Vergleiche mit großen Komponisten der klassischen Musik nicht zu scheuen braucht. Schreiner versteht es, einen präzisen kompositorischen Rahmen für das Ensemble vorzugeben und im selben Moment loszulassen, um das Stück seiner ureigenen Dramaturgie zu überlassen. Das darauf folgende „Baby No Roof But Garlic“ markiert den größtmöglichen Gegensatz zum Opener, ein quicklebendiger Jazzkracher, dessen Drive sich fast jeden Augenblick zu überschlagen scheint. Die folgenden vier Songs loten unterschiedlichste Zustände und Emotionen zwischen diesen beiden Statements aus. Jeder umfängt seine eigene Gefühlswelt, in ihrer Gesamtheit ergeben sie sehr lebensnah alle persönlichen Verfassungen, die man im Lauf eines Tages durchmachen kann. Der Rausschmeißer „Double L Blues“ ist dann das große Finale, eine waschechte Marching Band-Nummer, die einem ausgelassenen Straßenfest nach einem langen, erfüllten Tag gleicht und fast wie eine stimmige Zugabe zum vorherigen Programm wirkt.
Die Tracks auf „Songs And Moods“ stecken in ihrer frappierenden Unterschiedlichkeit ein weites stilistisches Spektrum ab und schöpfen die Möglichkeiten eines Large Ensembles bis zur Neige aus. Über den bereits beschriebenen narrativen Faden hinaus gibt es eine weitere gestalterische Gemeinsamkeit, die sich durch alle sieben Songs zieht. Ein jeder geht von kleinen Ideen und Motiven aus, die sich leicht einprägen und auch wiederholt werden dürfen. Jan Schreiner setzt mit Nähe und Empathie für den unvoreingenommenen Hörer einen Gegenpol zur zunehmenden Akademisierung des Jazz. Viele Ideen sind unmittelbar dem Alltag abgelauscht. Seine Musik ist komplex, aber niemals Selbstzweck, sondern enthält immer ein Angebot an seine Hörerinnen und Hörer. Selten war eine handfeste Herausforderung so entgegenkommend.
Jan Schreiners Large Ensemble lotet die Fahrwasser zwischen den Ufern Kammer Ensemble und Jazz Orchester in jedem Track neu aus. Über das gesamte Album sind beide Daseinsformen seiner Band spürbar, und doch verschieben sich von Track zu Track die Akzente. Mit Big Band im herkömmlichen Sinne hat das nichts zu tun, denn die Aufteilung in Sektionen fehlt ebenso wie das Schmettern kompakter Bläsersätze. Mit demselben Feingefühl, mit dem Schreiner Stimmungen und Motive variiert, löst er die Demarkationslinien zwischen Jazz Orchester und Kammerensemble auf. Die beiden

Prinzipien treten nie gegeneinander an, sondern finden immer neue, subtile Berührungspunkte, die letztlich auch ein Stückweit den Spannungsbogen des Albums bestimmen.
Zum entscheidenden Gestaltungsmoment der Songs werden aber die eingesetzten Stimmen. Jan Schreiner hat ein handverlesenes Kollektiv Gleichgesinnter zusammengestellt. Gemessen an den genauen Vorgaben des jeweiligen Rahmens genießen die beteiligten Musikerinnen und Musiker erstaunlich viele Freiheiten. Es geht dabei aber nicht um ausufernde Solospots oder eine paritätische Abfolge von Egotrips, sondern um ein Konzert der Timbres. Die solistischen Beiträge mögen noch so virtuos und originell angelegt sein, sie heben sich überhaupt nicht als Alleingänge heraus, weil sie ausnahmslos im Dienste des jeweiligen Songs ins Gesamtgeschehen eingebettet sind. Aber die Individualität der instrumentalen Stimmen ist unüberhörbar. In dieser Hinsicht kommt dem Bandleader die Erfahrung auf seinem eigenen Horn zugute, denn kein Musikinstrument ist der menschlichen Stimme so ähnlich wie die Posaune. Dass Schreiner diesen Charakter nicht nur in seine Kompositionen trägt, sondern auf sein ganzes Ensemble überträgt, spricht für sein musikalisches Einfühlungsvermögen und die bezwingende Menschlichkeit seiner Musik.
„Songs And Moods“ ist ein Meisterwerk, dem man sich aus unterschiedlichsten Perspektiven nähern kann. Man kann es als Jazzalbum hören, als klassische Suite oder am besten ganz unvoreingenommen als Sammlung wundervoller Melodien und Stimmungen, als musikalische Bildergalerie oder als universellen Tagesbegleiter für jede Situation.
Wolf Kampmann